Cortisol ist eines der wichtigsten Hormone: Es reguliert zahlreiche Stoffwechselprozesse und spielt eine zentrale Rolle bei der Stressreaktion unseres Körpers.
Was ist Cortisol und wo wird es gebildet?
Cortisol ist ein Glukokortikoid. So wie auch die männlichen und weiblichen Sexualhormone wird Cortisol im Cortex, also in der Nebennierenrinde, gebildet. Aufgrund seiner biochemischen Struktur zählt Cortisol gleichzeitig auch zur Gruppe der Steroidhormone.
Die Nebenniere besteht aus drei unterschiedlichen Zonen: der zona glomerulosa, der zona fasciculata und der zona reticularis. In allen drei Zonen werden unterschiedliche Hormone gebildet. Cortisol entsteht dabei gemeinsam mit Cortison in der zona fasciculata.
Angeregt und gesteuert wird die Bildung von Cortisol jedoch über den Hypothalamus, welcher im Zwischenhirn liegt. Hier wird in der Hirnanhangdrüse zunächst das Kortikotropin-Releasing-Hormon (kurz: CRH) gebildet und in kleinen Schüben freigesetzt.
Auf diese Weise wird das Adrenocorticotropes Hormon (kurz: ACTH) aktiviert, welches in der Nebenniere schließlich die Produktion und Freisetzung von Cortisol veranlasst [1].
Unter normalen Bedingungen zeigt sich innerhalb weniger Minuten eine erhöhte Cortisolkonzentration im Blut. Da Cortisol zentral für die Stressantwort ist, wird es außerdem auf Vorrat produziert. Das hat vor allem evolutionsbiologische Gründe: Die Fight or Flight-Reaktion musste früher schnellstmöglich eingeleitet werden.
Unser Körper hat ein eigenes Kommunikationssystem, um die Cortisolfreisetzung zu regulieren: Gelangt ausreichend Cortisol in die Blutlaufbahn, wird der Hypothalamus informiert, dass die Bildung von CRH und ACTH vorerst gestoppt werden soll.
Hat das Cortisol die Blutlaufbahn schließlich durchlaufen und alle seine biochemischen Funktionen erfüllt, wird es in der Leber wieder abgebaut und über die Nieren mit dem Urin wieder ausgeschieden.
Wie verändert sich der Cortisolspiegel im Laufe des Tages?
Der Cortisolspiegel verändert sich im Laufe des Tages auf natürliche Weise. Während er morgens am höchsten ist, wird er im Tagesverlauf immer niedriger. Am Abend kurz vor dem Zubettgehen sollte die Cortisolkonzentration im Blut am niedrigsten sein.
Die Neuproduktion von Cortisol startet in der zweiten Nachthälfte, sodass das Cortisol pünktlich zum Tagesstart vorliegt. Bei den meisten Menschen kommt es zwischen 6 und 8 Uhr morgens zu einer Cortisolausschüttung, die dann für den gesamten Tag reicht.
Im Hinblick auf unseren Schlaf-/Wachrhythmus ist Cortisol übrigens ein wichtiger Gegenspieler von Melatonin. Idealerweise soll am Abend die Cortisolkonzentration runter gehen und die Melatoninkonzentration ansteigen [2].
Als Normwert für den späten Abend gilt für alle Altersgruppen ein Cortisolwert von ungefähr 138 nmol/l. Der Cortisolspiegel ist also nicht altersbedingt. Lediglich eine verringerte Stressresistenz im höheren Alter oder eine extreme Stressbelastung können dazu führen, dass es zu Schwankungen kommt.
Sofern es den Tag über nicht zu einer starken Stressreaktion kommt, plant unser Körper also, jeden Tag mit einer bestimmten Konzentration Cortisol auszukommen, die morgens freigesetzt und dann langsam verbraucht wird.
Cortisol Wirkung
Entgegen weit verbreiteter Annahmen ist Cortisol in seiner Wirkung nicht einfach nur auf die Stressreaktion begrenzt. Ganz im Gegenteil: Cortisol erfüllt viele lebenswichtige Funktionen.
Als Gegenspieler von Insulin lässt Cortisol etwa den Blutzucker ansteigen und versorgt uns auf diese Weise mit schnell verfügbarer Energie in Form von Glucose. Es fördert außerdem den Abbau körpereigener Eiweißspeicher und unterstützt zugleich die Auflösung der Fettdepots, indem es unter anderem die Wirkung von Adrenalin ankurbelt.
Besonders wichtig ist Cortisol jedoch für die immunologischen Prozesse unseres Körpers. Es nimmt aktiv Einfluss auf die Produktion und Verteilung von Thrombozyten, Leukozyten und Erythrozyten und besitzt zugleich immunsuppressive Eigenschaften.
Auf diese Weise kann es etwa Entzündungen hemmen. Diese Wirkweise verdankt Cortisol bzw. seine Vorstufe Cortison auch seine pharmakologische Popularität im Bereich der Dermatologie und Allergologie [3].
Cortisol steigert die Kraft unseres Herzmuskels, lässt den Blutdruck ansteigen und reguliert die Atemfrequenz hoch, damit wir bei einer Stressreaktion genug Energie haben, um instinktiv zwischen Fight oder Flight wählen können [4].
Cortisol Wirkung auf die Psyche
Cortisol ist in seiner Wirkung auf die Psyche zunächst einmal positiv: In einer Stresssituation steigert es die Aufmerksamkeit und beschleunigt die Informationsverarbeitung. Seine aktivierende Wirkung führt in erster Linie zu Wachheit, Energie und einem klaren Verstand.
Wir sind konzentriert, leistungsfähig und motiviert. Erst wenn uns ein Stressor begegnet, den wir nicht neutralisieren können, wir allgemein eine sehr geringe Stressresistenz haben oder wir uns keine Auszeiten nehmen, kommt die Schattenseite des Stresshormons zum Tragen.
Erfolgt nämlich eine konstante Cortisolausschüttung über einen längeren Zeitraum, führt dies unweigerlich zu starker Nervosität, Hektik, konstanter Anspannung und innerer Unruhe. Eine solche Stimmungsveränderung kann nach Außen manchmal sogar aussehen, wie ein psychisches Problem.
Handelt es sich jedoch um ein Phänomen, das auf Cortisol zurückzuführen ist, sollten die Beschwerden nach einer Regulation des Cortisolspiegels auf natürlichem Wege zurückgehen.
Cortisol und Stress: Körperliche Auswirkungen und andere Faktoren
Der enge Zusammenhang zwischen Cortisol und Stress ergibt sich vor allem daraus, dass emotionale und psychosoziale Belastungen heute als ganz normaler Teil des Lebens angesehen werden.
Die erhöhte Cortisolausschüttung ist dabei insbesondere unter berufstätigen Müttern, Vätern und Leistungsträgern ein verbreitetes Problem: Nimmt der Stress auch nach Feierabend nicht mehr ab, kann es zu einer unangenehmen dauerhaften Cortisolausschüttung kommen.
Auf eine Phase der massiven Überproduktion folgt eine Phase der Erschöpfung, die im schlimmsten Fall in einem Cortisolmangel mündet. Cortisolmangel konnte mittlerweile unter anderem auch mit ausgeprägten Formen von Burnout in Verbindung gebracht werden [5].
Im Zusammenhang mit Cortisol zeigt häufig auch eine Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche: Stress triggert Cortisol, welches uns dann wieder wacher werden lässt. Dies wiederum lässt uns auch dann wachsam bleiben, wenn es eigentlich viel hilfreicher wäre, Stress abzubauen und aktiv Entspannung zu suchen.
Neben Entspannungstechniken, viel Bewegung und einer reizarmen und vitalstoffreichen Ernährung können auch pflanzliche Produkte mit hochwertigem Safran-Extrakt den Cortisolspiegel auf sanfte Weise regulieren [6].
Fazit
Cortisol ist eines der wichtigsten Hormone. Es beeinflusst unser Immunsystem, unser vegetatives Nervensystem, unseren Wachzustand und unseren Blutzuckerspiegel. Cortisol wirkt an zahlreichen Stoffwechselprozessen mit.
Eine weitere wichtige Funktion ist seine Beteiligung an der Stressantwort unseres Körpers. Cortisol aktiviert eine Fight or Flight Response. Diese war früher lebensnotwendig und hilft uns auch heute noch, in stressigen Zeiten konzentriert, wach und resilient zu bleiben.
Problematisch wird Cortisol erst, wenn es durch eine Überfunktion der Nebenniere oder durch Dauerstress zu einer permanent erhöhten Ausschüttung kommt. In diesem Fall können die Beschwerden von Nervosität und starker Unruhe bis hin zu Herzrasen und Schlafstörungen reichen.
Gleichzeitig ist aber auch eine unzureichende Cortisolproduktion problematisch. Neben einer Nierenunterfunktion kann Cortisolmangel unter Umständen auch die Folge starker Erschöpfung durch eine vorangegangene Phase der Überproduktion sein.
7. Quellen
[1] Hakamata, Y.; Komi, S.; […]; Tagaya, H. (2017), Amygdala-centred Functional Connectivity Affects Daily Cortisol Concentrations: a Putative Link with Anxiety. Science Reports: Nature Research, Volume 7, p. 8313, published online: https://www.nature.com/articles/s41598-017-08918-7.
[2] Campino, C.; Valenzuela, F. ; Serón-Ferré, M. (2008), Melatonin Reduces Cortisol Response to ACTH in Humans, Revista Medica de Chile, Volume 138, Issue 11, p. 1390-1397, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/19301769/.
[3] Oakley, R. H.; Cidlowski, J. A. (2013), The Biology of the Glucocorticoid Receptor: New Signaling Mechanisms in Health and Disease. Journal of Allergy and Clinical Immunology Volume 132, Issue 5, p. 1033-1044, https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4084612/.
[4] Thau, L.; Gandhi, J.; Sharma, S. (2020), Physiology: Cortisol, StatPearls, online access: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK538239/.
[5] Lennartson, A. K; Sjörs, A.; […]; Jonsdottir, I. H. (2015), Burnout and Hypocortisolism – A Matter of Severity? A Study on ACTH and Cortisol Responses to Acute Psychosocial Stress, Frontiers in Psychiatry, Volume 6, p. 8, published online: https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fpsyt.2015.00008/full.
[6] Asalgoo, S.; Tat, M.; […]; Jahromi, G. P. (2017),The Psychoactive Agent Crocin Can Regulate Hypothalamic-Pituitary-Adrenal Axis Activity, Frontiers in Neuroscience, Volume 11, p. 668, published online: https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fnins.2017.00668/full.